Hypnose

Als einen ungewöhnlichen Einstieg ins Thema Hypnose möchte ich zunächst klarstellen, was Hypnose NICHT ist:

  • Hypnose ist etwas geheimnisvolles und magisches
    Hypnose ist nichts übernatürliches, magisches oder gar „satanisches“. Dieses Vorurteil zeugt von mangelndem Wissen und Unverständnis über die Hypnose. Die neurologischen Vorgänge während der Hypnose sind gut erforscht und erklärbar.
  • Nur willensschwache Menschen können hypnotisiert werden
    Das Gegenteil trifft zu: je stärker und klarer der Wille eines Menschen ist, umso leichter ist es in Trance zu gehen. Jeder geht mehrmals am Tag in einen Trancezustand und verlässt ihn wieder, beim Tagträumen, Lesen oder beim Spaziergang vergisst man die Zeit und alles um sich herum. Ich glaube, daß die Fahigkeit sich hypnotisieren zu lassen oder sich selbst zu hypnotisieren eine Fähigkeit ist die man lernen und üben kann.
  • Es kann passieren, daß man aus der Hypnose nicht mehr aufwacht
    Völlig unmöglich!
    Genauso wie es unmöglich ist, daß ein Mensch nie wieder aufhört zu lesen und dann in einem Buch verschwindet ist es unmöglich nicht mehr aus einer Trance zu erwachen. Selbst wenn der Hypnotiseur plötzlich den Raum verlässt oder gar tot umfällt wird der Klient einfach die Augen öffnen oder in einen normalen Schlaf gleiten.
  • In Hypnose kann man dazu gebracht werden Dinge zu tun die man eigentlich gar nicht tun möchte
    Die Erfahrung zeigt, daß man in der Hypnose nicht anders handelt als im „normalen Wachzustand“. Wenn man natürlich an Hypnoseshows im Fernsehen oder auf der Bühne denkt, dann sollte man auch nicht vergessen, daß es hier nur um Unterhaltung des Publikums geht. Der Bühnenhypnotiseur wird also auf jeden Fall Leute auswählen, von denen er denkt, daß sie sich gerne auf der Bühne „zeigen möchten“. In einer Therapie sind natürlich keine Zuschauer dabei, also besteht keine Gefahr sich vor anderen zu blamieren.
    Um zu erleben wie jemand etwas gegen seinen Willen tut müssen Sie nur in ein Einkaufszentrum oder auf den Markt gehen, ruckzug hat man Dinge gekauft die man gar nicht wollte, „darf’s noch ein bisschen mehr sein?“
    Aber dazu braucht man keine Hypnose…
  • In Hypnose verrät man seine größten Geheimnisse
    Das ist sicher einer der Hauptgründe aus denen Menschen Angst vor Hypnose haben. Aber Hypnose ist keine „Wahrheitsdroge“ die unseren Willen bricht. Menschen in Hypnose wissen sehr genau was sie sagen und was sie nicht sagen wollen. Allerdings kann es sehr wohltuend wirken, wenn man etwas ausspricht  was einem schon lange „auf der Seele brennt“, aber das ist dann eine freie Entscheidung und geschieht nicht unter Zwang!
  • In Trance bekommt man überhaupt nichts mehr mit
    Trance ist ein veränderter Bewusstseinszustand, keine Vollnarkose. Jeder Mensch nimmt einen Trancezustand unterschiedlich wahr, als Wärme, Schwere oder Leichtigkeit, viele spüren körperlich überhaupt keinen Unterschied. Die Aufmerksamkeit ist sogar deutlich erhöht, man bekommt also alles mit.
  • Mit Hypnose kann alles geheilt werden
    Schön wäre es…
    Mit Hypnose kann man zu sich selbst finden, kann nach unbewussten Ursachen für Krankheiten suchen und so die Fähigkeit des Körpers zur Regeneration stärken, man kann seine kreativen Fähigkeiten stärken, die körperliche Leistungsfähigkeit erhöhen oder schlechte Angewohnheiten loswerden. Das körperliche und seelische Wohlbefinden kann sich enorm verbessern, und das ist viel Wert!
    Ein einfaches Beispiel: Ein gebrochener Knochen braucht eine gewisse Zeit zur Heilung. Mit Hypnose könnte man nun unter anderem an der Schmerzwahrnehmung arbeiten, der Patient nimmt den Schmerz also weniger intensiv wahr als ohne Hypnose, trotzdem braucht der Knochen Zeit zu heilen
  • Hypnose ist gefährlich
    Hypnose ist nicht gefährlicher als ein Buch zu lesen oder einen Film zu sehen und in seiner Phantasie die Abenteuer der Heldin oder des Helden mitzuerleben. Sicher erleiden mehr Menschen beim Verfolgen eines Fußballspiels einen Herzinfarkt als durch Hypnose. Was man allerdings etwas überspitzt sagen könnte ist
    „Hypnose gefährdet ihre Krankheit…“

Was aber ist Hypnose dann? Die Autorin Agnes Kaiser Rekkas fasst es wie folgt zusammen:

  • Hypnose ist primär entspannend, somit entängstigend (ent-eng-stigend) und tief erholsam
    Durch die Entspannung der Muskulatur verbrauchen wir weniger Energie. Auch ständiges Grübeln über ein und dasselbe Problem raubt uns Lebensfreude. Häufig bleibt uns ein Gefühl „im Hals stecken“ oder uns „wird eng ums Herz“. Diese Enge kann aufgelöst werden, dadurch steht unserem Körper mehr Energie für Heilungsprozesse zur Verfügung.
  • ein veränderter Bewusstseinszustand mit ausgeprägten Alpha-Phasen in der rechten Hemisphäre
    Die Aktivität des Gehirns kann mit einem sogenannten EEG gemessen werden. Vereinfacht ausgedrückt kann man sagen, je schneller die Hirnwellen, desto angestrengter ist der Mensch, je langsamer desto entspannter. In einem hypnotischen Zustand ist also die Gehirnaktivität entspannter.
  • ein aktiver, wacher, geistig aufmerksamer Zustand
    Auch wenn diese Aussage scheinbar im Widerspruch zur vorherigen steht kann man es sich doch erklären. Wenn unser Gehirn nicht fast „zwanghaft“ von einem Gedanken zum nächsten hüpft bleibt mehr „Denkzeit“ für wichtige Dinge übrig.
  • im therapeutischen Sinn ein schöpferischer Zustand des Lernens und der Neuorientierung
    Durch Hypnose können neue Ideen und Lösungswege gefunden werden, die im „normalen problemfixierten“ Alltagsdenken verborgen bleiben würden
  • die hypnotisierbarkeit ist ein natürliches Phänomen, allerdings situations- und kontextabhängig
    Trance ist wie bereits an anderer Stelle erwähnt ein Zustand, den jeder Mensch kennt und täglich erlebt. Hypnose ist eine Technik um bewusst eine Trance einzuleiten, daß eine solche Technik nicht funktioniert wenn man sich gerade in (vermeintlicher) Gefahr befinde ist sicher logisch.
  • ist keine Therapie, sondern eine Methode, bei der Psychotherapie mit spezifischen Techniken im Trancezustand erfolgt
    Hypnose ist eine Methode um in Trance zu gehen, also im Prinzip nur die Vorbereitung für eine Therapie. Natürlich kann man einen Trancezustand auch „leer“ nutzen wie bei der nonverbalen Hypnose, aber das wird natürlich in einem Vorgespräch geklärt.
  • ein Verfahren, das die Suggestibilität erhöht, wobei kritisches Denkvermögen und ethisches Werturteil unverändert aufrecht erhalten bleiben.
    Im hypnotischen Zustand sind wir offener für Vorschläge zur Veränderung unserer Sorgen und Probleme. Dies geht allerdings nicht soweit daß man etwas tun würde das den eigenen Werten widerspricht oder die Person in Gefahr bringen würde. Auch in Hypnose ist es also völlig klar, daß die Lösung eines Problems nicht darin bestehen kann dem Hypnotiseur eine Million Euro zu schenken…

(zitiert nach
Kaiser Rekkas, Agnes: Klinische Hypnose und Hypnotherapie
Praxisbezogenes Lehrbuch für die Ausbildung. Carl-Auer Verlag, Heidelberg, 7. Aufl. 2016, ISBN 978-3-89670-505-1
Die kursiven Anmerkungen sind von mir.)